Neues Spiel – Neues Glück

Hurra, ich bin postmenopausal!! 🥂🍾

Hätte ja nie, gedacht, dass ich das mal sage. Wenn ich in meinem Alter schon da angekommen bin. Aber was soll man sagen, nach der Ehrenrunde und so 27 Chemozyklen, oder wie viele es auch waren…

Warum ich mich freue, versuche in nun mal in einer kleinen Zusammenfassung zu erklären. Da nun mein Medizinstudium, Schwerpunkt Onkologie eher praktisch, denn theoretisch war, behaftet mich nicht auf den Inhalt.

Also, Brustkrebs ist ja nicht gleicht Brustkrebs. Tripple Negativ reagiert nur auf Chemo und Bestrahlung. Brustkrebs kann aber auch Her2 positiv sein, dann bekommt man zusätzlich Antikörper, für ein ganzes Jahr. Früher war die Prognose miserabel, aber seit es die zielgerichteten Medikamente gibt, ist sie eher besser, als bei Her2 negativ. Und dann kann der Tumor noch auf Hormone reagieren, Progesteron und Östrogen. Meiner ist Triple Positiv. Er hat sowohl für beide Hormone, als auch für Her2 Rezeptoren. Die Mehrzahl der Mammakarzinome ist PR und ER positiv. Das heisst, die Hormone „füttern“ den Tumor, regen ihn also zum wachsen an. Je mehr dieser Hormone eine Frau hat, desto grösser ist das Risiko einer Frau für ein Mammakarzinom: keine Kinder, späte Schwangerschaften, frühe Periode, nicht Stillen oder auch einfach das Alter.

Da meiner stark hormonrezeptorpositiv ist, sollten bei mir diese Hormone für fünf Jahre unterdrückt werden, um meine Prognose zu verbessern. Garantie gibt es keine, da Triple Negativer Brustkrebs eher früher metastasiert, aber hormonrezeptor positiver eher später. Kann auch nach den fünf Jahren noch kommen, trotz Antihormontherapie. Der Saucheib streut nämlich nicht nur über die Lymphe, sondern auch über das Blut. Also sind auch freie Lymphknoten, zwar eher gut, aber keine Garantie. Also AHT (Antihormontherapie) um die Prognose zu verbessern.

Prämenopausal ist das Mittel der Wahl Tamoxifen. Nebenwirkungen häufig so Wechseljahrbeschwerden, wird von den meisten gut vertragen, mich machte es schwer depressiv. Es erhöht auch das Risiko für Endometriumkarzinome, Thrombosen, Schlaganfall.
Tamoxifen (also ein Umbauprodukt davon) besetzt die Östrogenrezeptoren, damit das Hormon dort nicht mehr andocken kann. Wurde in den 60er Jahren eigentlich als Verhütungsmittel entwickelt, nützte aber als solches nicht.

Postmenopausal werden lieber Aromatasehemmer verschrieben. Nebenwirkungen hier auch Wechseljahrbeschwerden, aber eher Gelenk- und Muskelschmerzen und die Osteoperosegefahr steigt. Eine Freundin von mir musste genau darum auf Tamoxifen wechseln. Wenn sie nicht zwei Stunden pro Tag spazieren ging, hatte sie Dauergelenkschmerzen.
Aromatasehemmer besetzen keine Rezeptoren, sondern unterdrücken die Östrogenherstellung. Ist man nun noch nicht in der Menopause, dreht die Hypophyse durch und regt die Eierstöcke dazu an, vermehrt Östrogen herzustellen, was dann natürlich weitere Probleme nach sich zieht. Darum müssten dann entweder die Eierstöcke entfernt oder mittels einer Einmonats- oder Dreimonatsspritze ausgeschaltet werden.

Kurz: Antihormontherpie ist immer Scheisse und die Nebenwirkungen werden von den Ärzten häufig bagatellisiert. Frauenhormone halt. Aber es gibt auch die Frauen, die alles gut vertragen.

Ich reagierte auf Tamoxifen stark depressiv, suizidal. Alle Medikamente der Antihormontherapie können Depressionen auslösen, deshalb riet mein erster Onkodoc auch von einem Versuch mit Aromatasehemmer ab. Eine Tablette kann ich einfach absetzen, eine Depospritze wirkt einen Monat lang. Und evt. einen ganzen Monat lang so suizidal, das wäre dann schon schampar blöd.
Deshalb meine Freude über die Wechseljahre: Ich brauch keine Spritze mehr!

Morgen beginne ich mit dem Aromatasehemmer und der Begleitmedikation zum Schutz meiner Knochen. Im Juli wird dann noch eine Knochendichtemessung meinen Ist-Status bestimmen.

Drückt mir die Daumen!

Abschied und Selbstgeisselung

Der Abschied war schön! Auch sehr aufwühlend. Weil ich gemerkt habe, wie gerne ich mit diesen Leuten gearbeitet hatte und wie wohl ich mich im Team fühlte. Und diese Verbundenheit war unmittelbar wieder da.

Sogar darüber, dass mein Ex dort war, habe ich mich gefreut. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich ihn sehe. Da ich den Kontakt abbrechen musste, um mal zur Ruhe zu kommen. Also ihn länger nicht mehr gesehen hatte. Eine zeitlang war ich recht eifersüchtig darauf, dass ich ihm dazu verholfen hatte, an die Schule zu kommen. Er super aufgenommen und ich ausgeschafft wurde. Als ich ihn kennenlernte fluchte er über jeden Job und die Welt. Es war manchmal ein Gefühl, als hätte ich ihn stabilisiert, zu einem neuen Umfeld, Arbeit, Bus verholfen und als ich instabil wurde, wurde ich mühsam und weggeworfen. Aber das ist mein Problem, das gebacken zu kriegen. Und nun, da das Leben sich bei mir wieder etwas normalisiert, gelingt mir das auch besser.

Ich habe geschrieben, dass ich ihm einmal sehr vertraut habe. Nun, das stimmt eigentlich nicht. Er war mir mal sehr nah. Aber ganz vertraut habe ich ihm nie. Ich hatte es nur beschlossen. Das war eine bewusste Entscheidung. Deshalb war ich auch so gekränkt, als dann so viele Verschönerungsmanipulationen und blanke Lügen aufflogen. Auch noch nach der Trennung, wo ich es erst recht nicht mehr verstand. Gekränkt und wütend auf mich, nicht auf meinen Bauch gehört zu haben. Mich ziemlich von Anfang an immer wieder gefragt zu haben: Halte ich es noch aus? Anstatt: Tut es mir gut? Aber er war eben auch sehr begeistert, fürsorglich und aufmerksam, besonders zu Beginn, wenn er wollte/konnte. Und später immer wieder, wenn für ihn alles stimmte, er sich wohl fühlte und nicht eingeschränkt. Und das kannte ich vorher nicht: die Fürsorglichkeit, das sich jemand um mich kümmert. Die wollte ich auch in Häppchen nicht verlieren. Und das machte es wohl auch so hart, als er sich abseilte, als ich es wirklich gebraucht hätte. Aber ihm im Gegenzug halt keine abenteuerliche Leichtigkeit mehr geben konnte.

Also sollte ich aufhören können, mich erbärmlich zu nennen und wütend auf mich zu sein, für ganz vieles, was ich gemacht oder nicht gemacht habe: nicht früher zum Arzt, nicht nein gesagt, nicht früher getrennt, nicht früher weg von der Schule.

Nicht erlauben, dass diese Wut das Gute überdeckt, das auch war und das in letzter Zeit unter soviel Ballast vergraben war. Und generell aufhören, von anderen Verständnis und Entschuldigungen einzufordern, anstatt sie mir selber zu geben.

Arbeitsintegration VII 🥳

Mein Vorstellungsgespräch war am Mittwoch. Donnerstag Abend stiess ich mit mir an, weil ich das erfolgreich gemeistert hatte. Da ich nix mehr vertrage, war ich schon etwas beschwippst, als der Anruf kam: Wenn ich wolle, hätte ich die Stelle. Sie würden mich sehr gerne im Team haben. Ich könne auswählen, welches Fach ich abgebe und erst ab Herbst unterrichten wolle.

Da musste ich gleich nochmal mit mir anstossen!!!!! 🥂🥂

Den Vertrag habe ich zwar erst einen Monat später unterschrieben – das dauert machmal… aber nun habe ich die skurrile Situation, dass ich von meinem noch Arbeitgeber, vom Schulhaus weder Schlüssel noch Mailaccount habe. Dafür einen Schlüssel vom Integrationsschulhaus und bereits seit einem Monat auch den vom zukünftigen Arbeitgeber, inkl. Mailadresse.

Ich war auch schon an einer Sitzung und empfange in zwei Wochen am Schnuppermorgen meine neue Klasse!

Ich freue mich wahnsinnig!!! 🥳🥳🥳

Das Kollegium ist cool. Der Neuchef präsent. Es wird nicht soviel überreguliert und vorgegeben und nicht Sitzung um Sitzung verordnet. Mit dem Rad habe ich 15 Minuten.

Und am neuen Arbeitsweg sah es am Montag so aus:

Heute Abend haben meine Kollegen einen Abschied für mich organisiert. Am Chef vorbei. Ich befürchte, das wird noch etwas emotional. Zurück in die Vergangenheit. Weil das so ein Dreierpaket ist: Der Ort, an dem sich mein Leben in vor und nach Krebs teilte, der Ex, der dort arbeitet und dem ich mal sehr vertraut hatte und eben der Arbeitsort, an dem ich mich mal sehr wohl fühlte. Das alles ist sehr sonst weit weg.

Ein anderes Leben eben.

Ferien mit Allem

Ich plante doch mal, alleine mir ein Hotelzimmer zu nehmen und so mal weg zu kommen. Habe ich gemacht. Schon vor einem Monat. Und zwar Ferien mit allem (und nicht mal alleine.)

  • Essen beim exklusiven Italiener (Terrasse natürlich)
  • Kino
  • Sauna und Dampfbad
  • Fastfood und Absacker
  • Sightseeing
  • Dachterrassenaussicht
  • Flanieren
  • Museum

Hach, wie hat mir das gefehlt. Reisen! Auch wenn es nur eine Mikroreise war.

Arbeitsintegration VI

Ich fing in zwei Klassen an. Erst als Assistenz, dann mit eigenen Lektionen. Und ich freute mich wieder auf die Arbeit und hatte nachher sogar mehr Energie als vorher. Erstaunlich schnell war ich auf einer höheren Präsenzzeit als an meiner alten Schule.

Die Klassen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die eine arbeitet selbständig und ruhig, die andere ist mehr so: New York. If you can make it there… Bekannterweise die schlimmste Klasse im Schulhaus. Kennt ihr den Film Fack ju Göhte?

Also wenn mir nach 3h nicht der Tinitus Hallo sagt, kann ich in einer normalen Klasse locker einen ganzen morgen unterrichten. Sie sind nicht böse, nur nicht domestiziert. Und das Niveau hat eine enorme Spanne! Als einer in der ersten Stunde quer über alle Bänke gespurtet ist und ich dann sagte: Oh, da meldet sich wer freiwillig zum Schnippsel vom Boden aufheben! Da hat er es brav gemacht.

Ich muss einfach alle meine Register ziehen:

  • stark lehrerzentriert, damit mal etwas Ruhe ist
  • arbeiten lassen, damit die Guten nicht rumblöken
  • Bewegungspausen damit die ADHSler nicht vom Stuhl fallen
  • Mal Schreien, weil sonst nix nützt
  • Mal lachen, weil ich es sons nicht überlebe

Und ich habe eine Wette mit der Klasse am laufen. Wenn sie es schaffen 10min ruhig zu arbeiten, kriegen sie ein Znüni (was zu Essen für die grosse Pause). Den ersten Versuch stoppte ich nach 40 Sekunden. Den zweiten nach 1’ 30’’. Inzwischen sind sie bei knapp fünf Minuten. Ich habe mir die Erlaubnis eingeholt, sie aus dem Unterricht zu werfen und werde beschultertätscht und aufgemuntert von Assistenzen und Heilpädagogen.

Als nicht mal Stellvertretung habe natürlich eine Scheissposition. Und ich bin definitiv Klassen- und nicht Fachlehrer. Ich domestiziere gerne und gut und als Fachlehrer ist man aufgeschmissen, wenn diese Arbeit in Sozial- und Selbstkompetenz nicht gemacht wird. Dann kommt es eben so raus.

Sie sind es sich nicht gewohnt, nicht reinzurufen. Haben weder Ordner oder Mäppchen für ihre Blätter, kein Hausaufgabenbüchlein, keine Klassenregeln. Vielleicht nicht mehr? Und das Klassenzimmer ist aufgeteilt. Linke Hälfte, die Hoffnungslosen, vom Klassenlehrer aufgegebenen und rechts die, um die es sich zu kümmern lohnt. Gut bin ich eher so mittigunterrichtend… 😉

Das Team ist aber toll, meine Assistenz bedankt sich sogar nach jeder Lektion für den spannenden Unterricht und ich fahre 10 mit dem Rad zur Arbeit. Aber sauanstrengend ist es schon!

Mein (noch) Arbeitgeber wollte mich ja zur Kündigung motivieren. Und da mein Krankentaggeld eh auslief, erklärte ich mich bereit für ein Gespräch mit dem Oberchef. Die Schulpflege (Aufsichtsorgan) war auch dabei. Den Chef wollte ich nicht sehen. Und ich habe ALLES haarklein geschildert, wie meine “Integration” so ablief. Die Schulpflege hatte nachher wohl 5 Seiten Notizen.

Conclusio: Es wird nun eine Integrations-Leitlinie erarbeitet. Wie immer ein Papier mehr, anstatt bei den Leuten die ihren Job nicht machen, anzuklopfen. Sie dürfen das dann gern Tinkakartinka-Leitlinie nennen! 😏

Ende März erhielt ich überraschend eine Nachricht von einer Lehrer-Freundin. Im Dezember hatte ich ihr gegenüber erwähnt, dass ich im Sommer wohl einen Job brauchen werde: Es werde eine Stelle frei in ihrem Schulhaus. Eine neue Klasse. Meine Wunschfächer. Ich bedankte mich und fragte nach den Kontaktdaten vom Neuchef. Sie antwortete: Er erwartet deinen Anruf.

Es wurde auch eine Klassenlehrerstelle frei im Schulhaus, wo ich jetzt meine Integration mache. Die Lehrerin der ruhigen Klasse wies mich darauf hin. Doch als am 3-Wochengespräch der Schulleiter fragte, was ich denn ab Sommer mache und ich lachend antwortete: arbeitslos sein. Schaltete sich mein CaseManagement ein: Wir dachten, am besten keine Klassenlehrposition und nicht zu viele Stunden, wegen der Belastung. Das dachte wir im Dezember, als ich noch an der alten Schule war. Vor 3 Monaten!!! Und ich hatte der guten Frau noch gesagt, dass ich die freie Stelle ansprechen wollte, sie wusste das!! Hätte ich nicht schon einen Vorstellungstermin an der anderen Schule gehabt, wäre ich ihr sowas über den Mund gefahren!

Das Vorstellungsgespräch lieft gut. Aber ich musste irgendwie was zu meiner Situation sagen, ohne mich gleich ins Aus zu befördern…. Ich fragte den Neuchef, ob er mich gegoogelt habe. Er reagierte ausweichend – nachher hat er es bestimmt gemacht! Mit meinem Namen stösst man nämlich sehr schnell auf das Krebstheater, mit dem ich ab Nov wieder auftrete. Dann erwähnte ich, dass ich noch in der Integration sei und gerne mit weniger Stunden beginnen würde. Er meinte, das sei kein Problem und bedankte sich für das Vertrauen.

Ich hatte ein extrem gutes Gefühl: vom Schulhaus, vom Neuchef und davon, dass beim Vorstellungsgespräch noch jemand vom Team dabei war und nicht ein “Würdenträger.” Durch die Blume liess er verlauten, dass ich bis jetzt seine Favoritin sei. Aber er hatte mich ja noch nicht gegoogelt…. Zwei Tage später wollte er mir Bescheid geben.