Bilderbuchberge 🥳🥳

Das Privileg, meinen Geburtstag nur als Jahreszahl zu sehen, ist mir abhanden gekommen. Deshalb wird er gefeiert!

Vor einen Jahr war ich mit meinen Jungs im Legoland. Und dieses Jahr wurde kurzfristig eine Junior-Suite gebucht in einem Hotel mit eigener Therme: Bilderbuchwetter in den Bergen. Seht selbst:

Es war so unglaublich schön!!!

Da wir eine eigene Therme im Hotel hatten, war es tatsächlich auch entspannend. Der Kleine hatte sich eine Massage gewünscht. Leider ging das am gewünschten Tag nicht mehr, da nicht alle Masseure Kindermassagen machen. Aber als der Mann an der Rezeption das enttäuschte Gesicht sah, wurde es noch möglich gemacht.

Als wir nämlich von der Monstertrotti-Fahrt zurück kamen, durfte der Kleine sich auf die Liege legen: So ein zufrieden-entspanntes Gesicht!

Und obwohl der Kleine vorangekündigt hatte, HÖCHSTENS EINMAL wandern zu gehen, waren wir dann jeden Tag unterwegs. Gut, für die Schlucht-Durchquerung bekam er frei und nur der Grosse begleitete mich.

Jungs, Danke!

Zeitlöcher und Entpuppung

Das Beste zuerst: Biopsie ohne Befund! Allerdings steht meiner Schwester eine grosse OP bevor, damit da nicht plötzlich was bösartig wird.

Bald treten wir wieder auf mit unserem Krebstheater. Wir holen einige Aufführungen nach, die wegen Corona gestrichen wurden und starten mit einer Wiederaufnahme.

Die erste Probe war wieder so ein Zeitloch: Die Interviews, die dem Stück zugrunde lagen, wurden im September 2019 gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war ich in Warteposition zwischen Chemo und Operation. Und an einem Neustartsversuch mit meinem Ex. Die Aufführungen waren im Dezember 2020. Ich kämpfte mit der Antihormontherapie, der Arbeitsstelle und mein Ex hatte sich ein zweites Mal getrennt, arbeitete aber inzwischen am gleichen Ort.

Nun war ich also wieder an einer Probe und eine Mitspielerin fragte mich tatsächlich: “Entschuldigung. Wer bist du?” – Es scheint, als sieht man mir die Veränderungen an. Und nicht nur die länger werdenden Haare.

Und ich war wieder mal Tanzen. Und das war fast das Spannendste. Die Äusserlichen Veränderungen fallen natürlich auf – und seien es eben nur die Haare. Aber ich tanze sogar anders als vor einem Jahr! Das fällt natürlich besonders auf, weil man seine Bewegungen selber wählen und es nur minimale (musikalische) Vorgaben gibt. Als ich den Raum betrat, sah mich die Leiterin, stutzte, guckte auf mein Tattoo, in mein Gesicht und erkannte mich. Auch ihr fiel auf, dass ich mich ganz anders bewege: Ich bin mehr geerdet, so könnte man das umschreiben. Letztes Jahr konnte ich zum Beispiel nicht meinen Kopf schütteln, ging nicht. Ich musste so viel zusammen halten und auf die Reihe kriegen. Mich abgrenzen, schützen und meine Kräfte einteilen. Nun tanze ich offener, mehr nach aussen orientiert, freier, mit viel mehr Leichtigkeit!

Und so ist auch mein Leben im Vergleich zu vor einem Jahr: Viel leichter!

Und dann war da noch mein Geburtstag, den ich nun jedes Jahr zelebriere. 🥳

Falsch abgebogen

Bei meinem Besuch im Spital machte ich offenbar einen so routinierten Eindruck, dass ich nach der Zertifikats-Ausweis-Kontrolle keine Wegbeschreibung bekam und zielstrebig vor den rosa Schleifchen auf dem Empfangstisch im die falsche Richtung flüchtete.

Gemerkt habe ich es an den Schildern: CT, Radiologie, Mammografie. Auf dem Absatz kehrt gemacht und den richtigen Lift noch gefunden.

Das war schräg. Sehr unvorbereitet.

Noch übler war, als ich bei meinem letzten Besuch vor ca. einem Monat aus dem Lift trat, den hellbraunen Flur sah, das grosse Fenster mit Aussicht. Und mich vor allem der Geruch – wie ein Schlag in den Magen-vier Jahre zurück versetzte.

Damals kam ich, um mich von meinem Vater zu verabschieden, der in einem Zimmer mit wunderschöner Aussicht auf die Stadt aufgebahrt lag. Er sah so friedlich und würdevoll aus, wie viele Jahre nicht mehr. Trotzdem.

Erinnerungen sind manchmal fies. Lauern hinter einer Ecke, einem Datum und konservieren sich in Gerüchen. 🤷‍♀️

Vor 2 Jahren

Heute vor zwei Jahren wurde ich operiert. Und wären nicht die unseeligen Erinnerungsfunktionen von Apps, die einem ein Foto auf den Bildschirm laden, hätte ich das Datum nicht auf dem Schirm gehabt.

Vor zwei Jahren war ich auch an einem Klassentreffen, haarlos. Die Organisatorin – deren Mutter an Brustkrebs verstorben war – freute sich enorm, dass ich trotz Glatze kam. Der Rest war bestürzt, betroffen, irritiert, beschämt, interessiert und beschwichtigend. An jenem Treffen wurde beschlossen, jedes Jahr einen freiwilligen Stammtisch stattfinden zu lassen und sicher nicht mehr zehn Jahre zu warten. Dann kam Corona und in diesem Jahr wars soweit: 3G in der Dorfkneipe.

Vergleichsfoto mit Dorfkneipe

Als ich gestern – etwas zu spät – den Raum betrat, wo alle schon am langen Tisch aufgereiht sassen, ging ein erleichtertes Raunen durch die Runde. Das war fast körperlich spürbar. Eine Gruppe, mit der ich nur ein Jahr zur Schule ging, nicht mal gross vernetzt war… “Heute komme ich mit Haaren!” Begrüsste ich alle. Lachen. Aufatmen. Weiterquatschen.

Später dann einzelne Stimmen. “Du bist die erste, die ich kenne, die wirklich schlimm krank war.” – “Es war so ein Schock das letzte Mal!” – “Man sieht es dir gar nicht an!!? Wie wenn nix gewesen wäre!” – “Aber es geht dir gut? Ist alles gut?”

So weit so gut.

Natürlich kam das Gespräch auf Corona. Gut waren keine Gesundbeter am Tisch – wären auch nicht rein gekommen, ohne Zertifikat. Aber dann wird manchmal so von der Einschränkung und dem Verzicht gesprochen. Und gewisse Gespräche kriegen Schräglage, wenn jemand den Lockdown und die Einschränkungen, die Angst vor Corona mit der Situation eines Krebspatienten vergleicht: Wir alle hatten Angst. Wir alle haben verzichtet.

Das Wir ist der Unterschied. Die Pandemie trifft die ganze Gesellschaft – auch wenn in unterschiedlichem Ausmass. Alle Zusammen sind betroffen, haben/hatten Angst vor der Krankheit da draussen. Zusammen durch die Pandemie (- auch wenn es ein paar Extremistengruppen mit Hang zu Verschwörungstherorien gibt). Wir gegen die Gefahr da draussen.

Krebs ist einsam. Krebs macht einsam. Da ist keine Gefahr draussen, vor der man sich schützen kann. Die einem im besten Fall als Gesellschaft näher zusammenrücken lässt. Die Krankheit war in mir, teil von mir. Natürlich stehen einem mit Glück nahe Menschen bei. Hilflos oft. Und je hilfloser man selbst als Patient ist, desto mehr tragen sie. Sie stehen bei. Stehen bei einem, daneben. Nicht drin. Da steht man allein.

Da gibt es nichts zu Vergleichen. Und beides parallel mag ich mir gar nicht vorstellen. Das Gejammere von Gesunden, die nicht ins Kino oder in die Ferien können, wenn man selber oder eine nahestehende Person in der Akuttherapie und ums über- oder weiterleben kämpft…🙈🙈🙈

Man beachte die gesunde Gesichtsfarbe. Die war am Klassentreffen 2019 aber nicht so arg!

Das Zombiefoto poppte heute im Spital auf: haarlos, blau-bleich vom Markierungsfarbstoff für den Sentinel und mit tiefen Augenringen.

Ich besuchte meine Schwester, die letzten Montag wieder ins Spital musste. Sie sah zum Glück um einiges gesünder aus!! Sie wurde erneut operiert, da sich die Stents verschoben hatten. Die zusätzliche Biopsie sollte nur eine Vorsichtsmassnahme sein – ich hoffe es.

Für einmal ein anderes Spital in einer anderen Stadt (dat musste sein!)