Reiseprotokoll

Oder warum ich erstmal Erholung brauche…

Ich rechnete in Mailand 2h Umsteigezeit für den Bahnhofswechsel ein: Ankunft 21:17, Weiterfahrt im Nachtzug um 23:20. Weil ich gelesen hatte, dass die Kontrollen der Covid-Zertifikate an der Grenze für Verzögerungen sorgen.

  • Danke nicht für die (falsche?) Auskunft
  • Alle Direktverbindungen seien ausgebucht. Es müsse auf Regionalzüge ausgewichen werden.
  • Danke nicht für die Verspätung
  • Der Zugführer meldet, der Anschluss in A-G um 18:44 konnte nicht warten. Aber der nächste Zug fahre 18:49 auf Gleis 5.
  • Ankunft A-G um 18:50.
  • Danke nicht für die falsche Information
  • Treppe runter rennen, Treppe hoch: Kein Zug auf Gleis 5, auch kein Zug auf der Anzeigetafel.
  • Also Treppe runter, Treppe hoch zurück auf Gleis 4, wieder in den Zug, inzwischen voller Rekruten und nun ohne Sitzplatz.
  • Da dieser Zug an jedem Kuhfladen hielt, verkürzte sich die Umsteigezeit in Milano von 2h auf 30 Minuten.
  • Danke fürs Upgrade
  • Als Entschädigung: ohne Zuschlag in der 1. Klasse fahren, an den Platz servierte Gratis-Tröst-Limonade schlürfen und persönliche Reiseberatung bekommen.
  • Der Versuchung widerstehen, bereits jetzt in Milano Hotels zu googeln.
  • Umsteigen in B in den EC nach Milano.
  • Zug passiert pünktlich die Grenze.
  • Niemand will meinen Ausweis sehen. Einreiseformular und Covid-Zertifikat reichten und hätten die von meiner Oma sein können.
  • Danke nicht für die Verspätung
  • 23:05 Uhr und immer noch im EC nach Milano. Die Bahnassistenz ist wenig hilfsmotiviert, aber mein italienisches Streitvokabular ist noch on top! 👌🏻
  • Ankunft in Mailand 23:09.
  • Danke dem Taxifahrer
  • Einmal quer durch den Bahnhof Mailand rennen, Coronaabsperrungen umkurven, Taxi schnappen.
  • Um 23:21 Uhr am Rotlicht alle Hoffnungen verlieren.
  • Taxifahrer: “Wenn ein Nachtzug in Italien pünktlich fahren würde, dann wäre das die Sensation das Jahrhunderts!”
  • Taxi zahlen, in den Bahnhof spurten, Zug ist noch auf Anzeigetafel. Ins UG runter, zwei lange Gänge im Rucksackjogging meistern. Treppe rauf hechten, ein Bein auf das Trittbrett, Zugticket rausnesteln: Fährt der nach Napoli?
  • Rein in den Zug. Türen schliessen sich. Abfahrt Mailand 23:29.
  • Vielen Dank für die Verspätung!!!

PS: Mein Ur-Blog ist ja eher leicht und flockig. Also anstatt die leicht-flockigen Reiseposts doppelt zu moppeln: Tinkakartinka

gioia di viaggiare

gioia¹ /’dʒɔja/ s. f. [dal fr. ant. joie, lat. gaudia, plur. di gaudium „gioia“]. – 1. a.[intensa e piacevole emozione che si prova quando si è felici o quando un fine viene raggiunto o un desiderio trova appagamento: essere pieno di g.;non stava in sé dalla g.]

Ich bin gerade so unendlich glücklich, dass ich dauerhopsen möchte.

Nach zwei 💩Jahren bin ich wieder unterwegs. Ich reise so gerne. Und damit meine ich nicht Verreisen oder Urlaub machen, sondern das Reisen an sich. Bewegung, Abenteuer, neue Menschen, neue Gerüche (ja, ich rieche wieder – mehrheitlich). Und nun bin ich erst noch in meinem Lieblingsland.

Ich könnte platzen vor Freude… (Hoffentlich platz ich erst nachdem ich ins Meer getaucht bin)!

Abwarten

Teetrinken und weiter Aromatasehemmer nehmen, meint Onko2. Eine Wiederbelebung der Ovarien nach nur 2 Wochen Aromatasehemmer wäre erstaunlich. Es könne sich auch um eine Abbruchblutung des sich unter Tamoxifen aufgebauten Endometriums handeln.

Blut abgenommen, Hormonstatus wird festgestellt. Mal schauen, was meine Fortpflanzungsorgane die nächsten Monate machen und bei Überraschungen soll ich mich melden.

Hmm. Musste den nächsten Termin auf Anfang Oktober legen, da ich keine freien Morgen mehr habe. Er meinte sowieso, nächste Kontrolle in 2-3 Monaten. Ich nehme an, er meldet sich, falls die Werte im Blut auffällig sind.

Ausserdem habe ich eh noch Kontrollen bei meiner Gynäkologin, die kann mir die Ovarien nochmals durchleuchten. Letztes Mal meinte sie: Keine Aktivität.

Und ein Kompliment für meinen Killercake (siehe Zweitblog) kriegte ich auch noch. Die blutabzapfende MPA freute sich mit mir. 🙂

So it goes…

Nothilfetelefon

Ok. Ok. Ich habe jetzt einen Plan. Wieder mal. Nach drei Frustloswerdtelefonaten und dem 347. Heulkrampf.

Evt. waren auch die zwei Kindergeburtstage hintereinander (der Grosse feierte fast selbständig, die Nachfeier des Kleinen war Puha 😅) auch etwas viel für den Ferienanfang mich.

Morgen entspann ich mich dann mit Schulzimmerumzug und warte auch das Verdikt des Onko2. 😬

Zu schön….

um wahr zu sein.

Noch habe ich keine Antwort, von Onko2, also keine Gewissheit. Nur meine bescheidene Theorie.

Ich vertrage den Aromatasehemmer super! Fühle mich so gut, wie seit zwei Jahren nicht mehr – auch in meinem Körper. Fast schon euphorisch segelte ich durch die letzten Wochen. Endlich alles gut, alle Kampfzonen befriedet. Ich fühlte mich sogar wieder wie ich, wie eine Frau und nicht wie ein ausgetrockneter Keks.

Gestern der Dämpfer, heute Frustration, Enttäuschung und Verzweiflung. Ich habe meine Regel bekommen.

Meine Theorie: Aromatasehemmer stimulieren die Ovarien, so sie noch nicht ganz hops sind. Werden deshalb auch bei Kinderwunsch eingesetzt. Meine waren noch nicht hops. Bloss eine temporäre Amenorrhö. Anstatt die Hormone auszuschalten, wurden sie gepusht, Darum wohl auch mein Wohlbefinden. Darum fühlte ich mich wieder wie ich. War echt schön das Leben so. Leute, geniesst es!

Es ist weit mehr als Frustration. Ich bin sauwütend! Weil es nicht nur ein weiterer Rückschlag ist, sondern ich nun weiss: So würde ich mich fühlen, ohne Kackkrebs. Mit einem Zyklus, mit Hormonen. Keine juckend-trockene Haut, sogar sexy fühle ich mich. Und dieses Wohlbefinden muss mir nun wieder weggenommen werden. Damit ich evt. länger überlebe. Was für eine verdammte Scheisse! Kann nicht mal einfach gut sein? Etwas einfach gut gehen? Ich meine, gibt ja Frauen, die nehmen die Antihormonmedis, schwitzen ein wenig, sind etwas müde und fertig. Ich bin nun wirklich nicht so ein Arschloch, dass ich nicht mal ne Pause verdient hätte. Mann!

Ach, ich mag nicht mehr. Nun werd ich mich, falls ich recht habe, wohl entscheiden müssen, wann ich die Spritze möchte. Direkt zum Arbeitsbeginn an der neuen Arbeitsstelle. Depotspritze mit Potenzial für 4 Wochen Depressionen. Genau so wollte ich durchstarten im neuen Schuljahr… 🤮 Oder die zwei Wochen Ferien ohne meine Jungs, mit der Option Klippensprung in den Suizid. Wäre ja noch romantisch: Exitus in Italien.

Oder ich könnte einfach nix nehmen und warten, ob die Metastasen kommen. Und erst dann: Exitus von der Klippe.

Wollte ja schon immer ins Meer gestreut werden. So hätten die Fische auch noch was davon.

Fuck!

Fuck!

Fuck!

Neues Spiel – Neues Glück

Hurra, ich bin postmenopausal!! 🥂🍾

Hätte ja nie, gedacht, dass ich das mal sage. Wenn ich in meinem Alter schon da angekommen bin. Aber was soll man sagen, nach der Ehrenrunde und so 27 Chemozyklen, oder wie viele es auch waren…

Warum ich mich freue, versuche in nun mal in einer kleinen Zusammenfassung zu erklären. Da nun mein Medizinstudium, Schwerpunkt Onkologie eher praktisch, denn theoretisch war, behaftet mich nicht auf den Inhalt.

Also, Brustkrebs ist ja nicht gleicht Brustkrebs. Tripple Negativ reagiert nur auf Chemo und Bestrahlung. Brustkrebs kann aber auch Her2 positiv sein, dann bekommt man zusätzlich Antikörper, für ein ganzes Jahr. Früher war die Prognose miserabel, aber seit es die zielgerichteten Medikamente gibt, ist sie eher besser, als bei Her2 negativ. Und dann kann der Tumor noch auf Hormone reagieren, Progesteron und Östrogen. Meiner ist Triple Positiv. Er hat sowohl für beide Hormone, als auch für Her2 Rezeptoren. Die Mehrzahl der Mammakarzinome ist PR und ER positiv. Das heisst, die Hormone „füttern“ den Tumor, regen ihn also zum wachsen an. Je mehr dieser Hormone eine Frau hat, desto grösser ist das Risiko einer Frau für ein Mammakarzinom: keine Kinder, späte Schwangerschaften, frühe Periode, nicht Stillen oder auch einfach das Alter.

Da meiner stark hormonrezeptorpositiv ist, sollten bei mir diese Hormone für fünf Jahre unterdrückt werden, um meine Prognose zu verbessern. Garantie gibt es keine, da Triple Negativer Brustkrebs eher früher metastasiert, aber hormonrezeptor positiver eher später. Kann auch nach den fünf Jahren noch kommen, trotz Antihormontherapie. Der Saucheib streut nämlich nicht nur über die Lymphe, sondern auch über das Blut. Also sind auch freie Lymphknoten, zwar eher gut, aber keine Garantie. Also AHT (Antihormontherapie) um die Prognose zu verbessern.

Prämenopausal ist das Mittel der Wahl Tamoxifen. Nebenwirkungen häufig so Wechseljahrbeschwerden, wird von den meisten gut vertragen, mich machte es schwer depressiv. Es erhöht auch das Risiko für Endometriumkarzinome, Thrombosen, Schlaganfall.
Tamoxifen (also ein Umbauprodukt davon) besetzt die Östrogenrezeptoren, damit das Hormon dort nicht mehr andocken kann. Wurde in den 60er Jahren eigentlich als Verhütungsmittel entwickelt, nützte aber als solches nicht.

Postmenopausal werden lieber Aromatasehemmer verschrieben. Nebenwirkungen hier auch Wechseljahrbeschwerden, aber eher Gelenk- und Muskelschmerzen und die Osteoperosegefahr steigt. Eine Freundin von mir musste genau darum auf Tamoxifen wechseln. Wenn sie nicht zwei Stunden pro Tag spazieren ging, hatte sie Dauergelenkschmerzen.
Aromatasehemmer besetzen keine Rezeptoren, sondern unterdrücken die Östrogenherstellung. Ist man nun noch nicht in der Menopause, dreht die Hypophyse durch und regt die Eierstöcke dazu an, vermehrt Östrogen herzustellen, was dann natürlich weitere Probleme nach sich zieht. Darum müssten dann entweder die Eierstöcke entfernt oder mittels einer Einmonats- oder Dreimonatsspritze ausgeschaltet werden.

Kurz: Antihormontherpie ist immer Scheisse und die Nebenwirkungen werden von den Ärzten häufig bagatellisiert. Frauenhormone halt. Aber es gibt auch die Frauen, die alles gut vertragen.

Ich reagierte auf Tamoxifen stark depressiv, suizidal. Alle Medikamente der Antihormontherapie können Depressionen auslösen, deshalb riet mein erster Onkodoc auch von einem Versuch mit Aromatasehemmer ab. Eine Tablette kann ich einfach absetzen, eine Depospritze wirkt einen Monat lang. Und evt. einen ganzen Monat lang so suizidal, das wäre dann schon schampar blöd.
Deshalb meine Freude über die Wechseljahre: Ich brauch keine Spritze mehr!

Morgen beginne ich mit dem Aromatasehemmer und der Begleitmedikation zum Schutz meiner Knochen. Im Juli wird dann noch eine Knochendichtemessung meinen Ist-Status bestimmen.

Drückt mir die Daumen!

Abschied und Selbstgeisselung

Der Abschied war schön! Auch sehr aufwühlend. Weil ich gemerkt habe, wie gerne ich mit diesen Leuten gearbeitet hatte und wie wohl ich mich im Team fühlte. Und diese Verbundenheit war unmittelbar wieder da.

Sogar darüber, dass mein Ex dort war, habe ich mich gefreut. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich ihn sehe. Da ich den Kontakt abbrechen musste, um mal zur Ruhe zu kommen. Also ihn länger nicht mehr gesehen hatte. Eine zeitlang war ich recht eifersüchtig darauf, dass ich ihm dazu verholfen hatte, an die Schule zu kommen. Er super aufgenommen und ich ausgeschafft wurde. Als ich ihn kennenlernte fluchte er über jeden Job und die Welt. Es war manchmal ein Gefühl, als hätte ich ihn stabilisiert, zu einem neuen Umfeld, Arbeit, Bus verholfen und als ich instabil wurde, wurde ich mühsam und weggeworfen. Aber das ist mein Problem, das gebacken zu kriegen. Und nun, da das Leben sich bei mir wieder etwas normalisiert, gelingt mir das auch besser.

Ich habe geschrieben, dass ich ihm einmal sehr vertraut habe. Nun, das stimmt eigentlich nicht. Er war mir mal sehr nah. Aber ganz vertraut habe ich ihm nie. Ich hatte es nur beschlossen. Das war eine bewusste Entscheidung. Deshalb war ich auch so gekränkt, als dann so viele Verschönerungsmanipulationen und blanke Lügen aufflogen. Auch noch nach der Trennung, wo ich es erst recht nicht mehr verstand. Gekränkt und wütend auf mich, nicht auf meinen Bauch gehört zu haben. Mich ziemlich von Anfang an immer wieder gefragt zu haben: Halte ich es noch aus? Anstatt: Tut es mir gut? Aber er war eben auch sehr begeistert, fürsorglich und aufmerksam, besonders zu Beginn, wenn er wollte/konnte. Und später immer wieder, wenn für ihn alles stimmte, er sich wohl fühlte und nicht eingeschränkt. Und das kannte ich vorher nicht: die Fürsorglichkeit, das sich jemand um mich kümmert. Die wollte ich auch in Häppchen nicht verlieren. Und das machte es wohl auch so hart, als er sich abseilte, als ich es wirklich gebraucht hätte. Aber ihm im Gegenzug halt keine abenteuerliche Leichtigkeit mehr geben konnte.

Also sollte ich aufhören können, mich erbärmlich zu nennen und wütend auf mich zu sein, für ganz vieles, was ich gemacht oder nicht gemacht habe: nicht früher zum Arzt, nicht nein gesagt, nicht früher getrennt, nicht früher weg von der Schule.

Nicht erlauben, dass diese Wut das Gute überdeckt, das auch war und das in letzter Zeit unter soviel Ballast vergraben war. Und generell aufhören, von anderen Verständnis und Entschuldigungen einzufordern, anstatt sie mir selber zu geben.

Arbeitsintegration VII 🥳

Mein Vorstellungsgespräch war am Mittwoch. Donnerstag Abend stiess ich mit mir an, weil ich das erfolgreich gemeistert hatte. Da ich nix mehr vertrage, war ich schon etwas beschwippst, als der Anruf kam: Wenn ich wolle, hätte ich die Stelle. Sie würden mich sehr gerne im Team haben. Ich könne auswählen, welches Fach ich abgebe und erst ab Herbst unterrichten wolle.

Da musste ich gleich nochmal mit mir anstossen!!!!! 🥂🥂

Den Vertrag habe ich zwar erst einen Monat später unterschrieben – das dauert machmal… aber nun habe ich die skurrile Situation, dass ich von meinem noch Arbeitgeber, vom Schulhaus weder Schlüssel noch Mailaccount habe. Dafür einen Schlüssel vom Integrationsschulhaus und bereits seit einem Monat auch den vom zukünftigen Arbeitgeber, inkl. Mailadresse.

Ich war auch schon an einer Sitzung und empfange in zwei Wochen am Schnuppermorgen meine neue Klasse!

Ich freue mich wahnsinnig!!! 🥳🥳🥳

Das Kollegium ist cool. Der Neuchef präsent. Es wird nicht soviel überreguliert und vorgegeben und nicht Sitzung um Sitzung verordnet. Mit dem Rad habe ich 15 Minuten.

Und am neuen Arbeitsweg sah es am Montag so aus:

Heute Abend haben meine Kollegen einen Abschied für mich organisiert. Am Chef vorbei. Ich befürchte, das wird noch etwas emotional. Zurück in die Vergangenheit. Weil das so ein Dreierpaket ist: Der Ort, an dem sich mein Leben in vor und nach Krebs teilte, der Ex, der dort arbeitet und dem ich mal sehr vertraut hatte und eben der Arbeitsort, an dem ich mich mal sehr wohl fühlte. Das alles ist sehr sonst weit weg.

Ein anderes Leben eben.