Meine Schwiegermutter war auch das Theater schauen. Eigentlich ist sie ja meine Ex, aber das finden wir beide doof: Ex-Schwieger-Mutter/Tochter.
Sie war beeindruckt von der Aufführung und erzählte mir, dass ihr Mann wahrscheinlich letzte Woche eine Streifung hatte und sie sich unsicher war, ob sie ihn wirklich allein lassen konnte.
Ich habe keinen Kontakt mehr zu ihm, aus Gründen. Aber mit der Schwiegermutter seit meiner Erkrankung wieder regelmässig, wenn auch meist nur telefonisch. Darum habe ich mich sehr gefreut, dass sie gekommen ist.
Letzte Woche fuhr der Papa meiner Jungs seinen Vater ins Spital zum MRI. Es gehe ihm viel schlechter. Das Alarmglockenspiel in meinem Kopf legte los. Streifung mit Verschlechterung nach zwei Wochen?
Tags darauf rief der Papa meiner Jungs an. Es war keine Streifung. Befund: Hirnmetastasen. Primärtumor noch unbekannt.
Zehnminütige-Fluchtirade meinerseits.
ICH WILL NICHT MEHR MIT MEINEN JUNGS ÜBER KREBS SPRECHEN MÜSSEN!!!! 🤬🤬🤬
Die App „Untire“ erklärt die Krebsfatigue mit einer Energie-Vase. Man sollte darauf achten, dass nicht mehr Energie rausgeht, als reinkommt.
Nur manchmal leckt die Vase, dann wirds schwierig. So ein Leck entstand durch den Tod der Mitspielerin. Ich war so neben der Spur…. unglaublich.
Nach der Abdankungsfeier am Montag merkte ich, dass sich das Leck schloss und meine Energie zurück kam. Für einen Tag.
Am Mittwoch Abend erfuhr ich von der Diagnose meiner Schwester. Erst war ich froh, ist es nicht Brustkrebs, so konnte ich es etwas von mir weghalten – bis zum ersten kinderfreien Sonntag.
Dass mein Onkologe bei der Erwähnung der Diagnose meinem Blick auswich und alle im medizinischen Umfeld bestürzt zu Boden blickten, half meiner Energievase auch nicht wirklich.
Ich habe meine Schwester in der Reha besucht, nach der Riesen-OP, bei der die Zysten, etwas Magen, etwas Bauchspeicheldrüse und Milz entfernt wurden. Altersdurchschnitt ca. 70 Jahre. Deprimierend!
Letzten Montag war ich mit ihr beim Onkologen. Ich habe ihr angeboten, dass ich mitkomme, wenn sie jemanden dabei haben möchte, dem nicht gleich das Gesicht ein Stockwerk runterfällt bei der Erwähnung von Krebs. Ich kenne mich eben auch erschreckend gut aus, stellte ich fest. All die Fachausdrücke und Abkürzungen, die für mich nicht mehr neu sind. Und ich hätte auch gerne jeweils jemanden dabei gehabt.
Sie sei ein Spezialfall. Frühstadium: R0, M0, N0, alles 0. Ein quasi-Zufallsbefund, alles entfernt und darum kurativ. (Ansonsten wäre die Prognose miserabel).
Was mir nicht bewusst war, dass mein Chemo-Schema offenbar als eines der schlimmsten gilt, unter den Onkologen. Meine Schwester wird sich wohl nicht für das volle Geschoss entscheiden. Der Wirkungs-Unterschied läge auch nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Chemostart: Dienstag.
Ich habe alles mitgeschrieben, Fragen gestellt. Der Onkologe war gut. Ruhig, beruhigend. Mein Leck schloss sich.
Die Wochen zwischen Diagnose und Gespräch war ich nicht fähig, was zu schreiben. Ihr Umgang mit der Krankheit ist ein ganz anderer. Aber unsere Art im Umgang mit Schwierigkeiten ist generell grundverschieden. Nun erfahre ich also auch noch, wie es ist, Angehörige zu sein. Und ein Gen-Test-Upgrade gibts gratis dazu.
Etwas mehr Schlaf raubte mir das offizielle Behördenschreiben: Mein Parkplatz sei nie bewilligt worden und ab in 10 Tagen dürfe ich mein Auto nicht mehr dort (auf meinem Grundstück) parkieren. Weil neues Kehrichtauto, grösserer Radstand, Grundstücküberstreichungsrecht und sowieso.
Ich parke seit 14(!) Jahren auf diesem Stellplatz auf MEINEM Grundstück. Ich hatte das Haus inkl. Stellplatz gekauft (ohne natürlich die Baubewilligungen des Vor-vor-Besitzers von 1991 zu studieren). Und tja, Parkplätze gibts fast keine im Quartier. – Ausser den illegalen auf den Grundstücken vor den über 100jährigen Häusern.
Nachbar 1 hatte seinen Zaun zurückversetzt, um einen Parkplatz für Besucher (auf seinem Grundstück) zu haben. Ist auch schon mindestens 15 Jahre in Betrieb. Illegal.
Nun stellt die Gemeinde ein Parkverbot auf seinen Privatgrund. Nachbar 1 verstellt es. Nachbar 2 killt es, um vorbei fahren zu können. Und alles nur wegen Nachbar 3 – dem mittig wohnenden Gemeinderat – der keine Lust hat seinen Müllsack 50m weit zu tragen. Was einige Einwohner neuerdings müssen, da mit dem neuen Fahrzeug vor dem Kauf nie eine Probefahrt unternommen wurde und es kaum durchs Quartier kommt. Ein Behördengeniestreich!
Aber ist umwelfreundlich imfall. Das neue Auto. Erdgas. HAHAHA.
(Völlig deplatzierte Schadenfreude. Ich weiss)
Schild auf Privatgrund: Illegal.Schild auf öffentlichem Grund: Legal.Totes Schild: Womöglich illegal.
Intensiv habe ich mit Nachbar 1 und auch mit Nachbar 2 in Plänen geschwelgt, wie man illegale Parkplätze mittels Grossblumentöpfen, Liegestühlen und Monstergartenzwergen unüberstreichbar machen kann. Ganz legal. Dann aber von Kindergarten-Racheakten abgesehen. Passiert grad genug.
Das war vor 3 Wochen die völlig unnötige Kirsche auf dem Sahnehäubchen.
🧘♀️
PS: Es lässt mich nicht kalt, was da passiert in der Welt. Doch ich bin ehrlich gesagt froh, habe ich keinen Kontakt mehr zu meiner Gastfamilie in Odessa. Oder meiner besten Freundin aus dem Russischstudium, die mit einem Ukrainer verheiratet ist. Irgendwie komme ich momentan an meine Mit(ge)fühl-Grenzen.
Wenn der Angiologe von Rezidiv spricht, ist es nur halb so wild. Seltsam ist es trotzdem, dass eine rausoperierte Krampfader genau am gleichen Ort nachwachsen kann – und genau so krampfig!
Da die OP vor einigen Jahren an Skurrilität kaum zu übertreffen war (nachzulesen ab hier), entschloss ich mich für eine Sklerotherapie: einmal Spritzen, einmal Kontrolle und evt. Nachspritzen. Ambulant. Venen verklebt. Fertig.
Denkste.
1. Termin: Spritz. Sie machen das tapfer!
2. Termin: Wir müssen nachspritzen. Sie machen das tapfer!
3. Termin: Oh, da ist wieder was offen, ich hol mal meinen Chef. Die Vene will nicht! Dann direkt mit der Nadel. Sie machen das tapfer!
4. Termin: Chef steht schon da. Sie haben störrische Venen! Die ziehen sich zurück! (Kein Wunder, wurden auch schon x-mal traktiert. Meinen Adrenalinpegel und das Herzklopfen, das einsetzt, wenn die Nadelspitze näher als 30cm an meinen Körper kommt, überspiele ich souverän….) Sie machen das tapfer!
5. Termin: Oh! Da ging wohl etwas zu tief, in die tiefe Beinvene. Haben Sie Schmerzen? Nicht? Das könnte eine Thrombose geben. Das kontrollieren wir nochmal nächste Woche…
6. Termin: Nun ja, das tut mir furchtbar leid! Also diese Nebenwirkung kommt nur bei etwa 2% vor. (Und ich natürlich: 🙋♀️) Sie sollten Blutverdünner nehmen und Stützstrümpfe tragen für 6 Wochen. Das tut mir schrecklich leid. Dabei waren Sie immer so tapfer!
This is why I should never choose the easy way… 🤷♀️
Glücklicherweise habe ich gerade wenig Aufregkapazität. 🧘♀️
Ich könnte etwa 500 Seiten schreiben mit Updates. Soviel ist passiert, dass ich gar nicht zu Wort kam…
So beginne ich mit der leichten Kost: Theater. Der letzte Vorhang ist letzte Woche gefallen. Und wie!!!
Wir alle hatten Bammel vor der ersten Probe, vier waren geplant, keine verlief wie die Vorherige: Wie führt man ein Stück auf, das vor Lebenslust strotzt, wenn eine wegstirbt?
1. Probe: Wir lassen ihren Text nicht los, sprechenihn und reichen uns ihr Textbuch weiter. Alle fühlen sich gut, sie ist noch bei uns.
2. Probe: Wir merken, dass die Lösung dramaturgisch nicht funktioniert. Das war ein Abschiednehmen das letzte Mal. Alle verzweifelt, aber mit grossem Vertrauen in die Regie.
3. Probe: Wir beginnen das Stück mit einer Hommage und einem Toast auf sie. Und spielen dann unser Stück.
Eine von 9 (!) Garderoben
4. Hauptprobe in einem Theater mit 500 Sitzplätzen. Zum Glück wird die Empore geschlossen sein…. Es sah nämlich bis vor kurzem nach 80 Leutchen aus. Wir schreien uns auf der Riesenbühne die Seele aus dem Leib (nur gefühlt). Eine Spielerin fehlt, ihre Mitbewohnerin hat Corona. Sie wartet auf ihr PCR-Ergebnis und die Regisseurin übernimmt ihren Part.
5. Aufführung vor über 200 Leuten. PCR negativ. Ein grandioses Publikum, dass trotz dem Toast zu Beginn lacht und klatscht und tobt.
Wir verabschieden uns kaum. Wir wollen nicht loslassen. Es soll nicht die letzte Vorstellung gewesen sein. Wir lassen nicht los.
Die Krankheit lässt uns ja auch nicht wieder los.
Diesen Tumor dürften über 1000 Menschen gesehen haben.
Gestern haben wir mit Saus und Braus das alte Jahr verabschiedet und das Neue begrüsst. Haben gegessen, gelacht. Sind mit 🥂🍾🥳 durchs Quartier gezogen, haben uns gegenseitig zugeprostet und sind erst weit nach Mitternacht zu Bett.
Heute nahm ich Abschied von 👱🏻. Zu dritt fuhren wir durch den Nebel, der sich zu lichten begann. Und als wir nach gut einer Stunde den Friedhof am Waldrand erreichten, löste sich der letzte Dunst auf und die Sonne wärmte angenehm. 👩🏻🦳 und 👩🏻🎤 waren auch schon da. Erst wollten sich alle am Sonntag dort treffen und ich und meine Freundin wollten den Pulk umgehen, doch nun war es gut so. 👩🏻 stieg völlig aufgelöst aus dem Auto. So standen wir da in der Sonne und unserer Sprachlosigkeit und versuchten hilflos Worte zu finden, die das Gefühlschaos ausdrücken sollten, das in jedem von uns rauschte.
Sie wusste es. – Vor einem Monat standen wir noch zusammen auf der Bühne. – Sie ist jünger, als meine Tochter. – Wir wussten es. – Es ging so schnell. – Eigentlich will ich nicht rein. – Wir habens doch verdrängt. – Zu Beginn der Proben war sie mitten in der Bestrahlung. – Wie ich auch. – Hoffentlich musste sie nicht leiden. – Es ist eine Scheisskrankheit!
Wir gingen rein. Zusammen und doch allein. In der Trauer ist jeder allein und jeder trauert anders. Ich bin immer relativ gefasst. Bis zu einem gewissen Punkt. Bis ich 👱🏻 da liegen sah. Nicht sie, nur ihren Körper. Das Sterben ging nicht spurlos an ihr vorbei. Die Endgültigkeit des Todes. Meine Fassung war dahin und die Erschütterung und Trauer brach mit einer unerwarteten Wucht über mir zusammen. Ich musste raus.
Wie Schiffbrüchige sich im Rettungsboot bei hohem Wellengang an die Reeling krallen, umarmten wir uns. So unterschiedliche Frauen, die sich nie kennen gelernt hätten, wenn sie nicht unfreiwillig im Krebsklub gelandet wären und die nun seit zwei Jahren auf der Bühne das Leben zelebrierten durften. Und nun fehlt 👱🏻.
Wir standen lange in der Sonne. Wir weinten und lachten. Und erzählten uns unsere Erinnerungen an 👱🏻.
Einige wollten nicht kommen, wollten 👱🏻 in Erinnerung behalten, wie sie sie kannten. Ich verstehe das. Aber ich brauche einen Abschied. Der Tod ist so etwas Abstraktes, unbegreiflich für mich. Ohne Abschied würde ein Mensch einfach verschwinden, wie ein loses Ende. Dass ich an der Aufbahrung war, ändert meine Erinnerungen nicht. Ich werde mich an 👱🏻 als lachende, dickköpfige, selbstironische und am Ende verwirrte junge Frau erinnern, die immer direkt sagte, was Sache war.
Nach einem Spaziergang mit meiner Freundin fuhren wir nur noch zu zweit heim, denn die Gruppe hatte sich neu auf die Fahrgelegenheiten verteilt. Im Auto hörten wir eines von 👱🏻 Lieblingsliedern. Als ich die Musik ausschaltete, startete sie nach 2 Minuten plötzlich von alleine wieder. Wir schauten uns an: Oh, hallo 👱🏻. Grüsst du uns?
Lieblingslied für dich. Danke, dass ich dich kennen lernen durfte. 💚
Und gerade kam die Nachricht. Eine Freundin liegt im Sterben. Wir haben uns im Rahmen des Theaterprojekts kennen gelernt. Ihr wurde damals eine Durchschnittsdauer von zwei Jahren bis zum Rezidiv vorausgesagt. Das war vor zwei Jahren.
An den Wiederaufnahmeproben informierte sie uns, dass der Hirntumor zurück sei: „Kein Mitleid bitte. Untersteht euch!“
Sie stand trotz allem auf der Bühne und manchmal verwirrt daneben. Und ich bewundere sie dafür, wie sie es durchziehen konnte, ihren Text zu sprechen: „Was ist, wenn er wiederkommt?“ Im Wissen, dass er wieder da ist. Austherapiert.
Darum mache ich so komische Sachen, wie Weihnachten im Auto verbringen. Weil ich das machen will. Egal was wer sagt. Trotz meiner eigenen Angst. Wegen der Fahrradkette: hätte, hätte, hätte ich doch…. Weil es irgendwann zu Ende ist.
Weil ich wohl immer wieder in dieses Spannungsfeld geraten werde zwischen unbeschwerten Abenteuern und der Brutalität dieser Krankheit. Und sei es nicht bei mir, dann bei den vielen tollen Menschen, die ich kennenlernen durfte. Und weil dann kommt, wovon ich immer wieder gelesen habe: survivors guilt. Mit all den Fragen, die man sich nicht stellen will. Darum stelle ich die Fragen jetzt stumm und denke an sie.
Ich hoffe, deine Liebsten sind bei dir. Ich denke fest an dich!! 🧡🧡
Immer wieder überlege ich mir, einen Camping-Bus zuzulegen. Aber ich zögere, weil ich nicht so viel Geld für ein Riesenvehikel ausgeben möchte. Ausserdem besitzt gefühlt jede 3. Familie einen T3, T4, California oder eine andere Marke. Campervans sind irgendwie vom Hippie-Bus über Surfer-Hipster-Freiheitsauto zur Familienkutsche des Mittelstands-Bünzlitum mutiert. Seit der Pandemie sei es noch inflationärer geworden.
Gut, als die Kids klein waren und ich noch verheiratet, hatten wir auch ein Wohnmobil und das war super. Mit dem sind sind wir aber nicht täglich rumgekurvt.
Nun hätte ich mein Traumauto gefunden: ein superflexibler Hochdachkombi mit Aufstelldach. Leider wird er noch nicht in die Schweiz importiert. Und günstig ist er auch nicht.
Als ich einer Freundin davon erzählte, meinte sie: „Ah, eher ein Schönwetter-Camper.“ Schönwetter-Camper? Weil die Küche wie bei einer Campingbox nicht fest innen verbaut ist? Wer brät sich denn ein Steak im Bus bei Sturm, so dass nachher alles nach Bratfett stinkt? Es gibt doch keine Schönwetter-Camper! Und auch kein zu schlechtes Wetter. Hmmm…
Am 24. Dezember feierte ich mit meinem Kleinen und meinem Grossen, dann gingen sie zu Papa. Am 25. Dezember googelte ich: Im Auto übernachten im Winter.
Den ganzen Tag über verwandelte ich meinen Honda Civic in ein Schlafmobil.
Isolation
Verdunkelung
Schlafkomfort
Licht
Sicherheit
Schlafkomfort: Da sich die Rückbank vollständig runterklappen lässt, besteht eine grosse Liegefläche (Füsse im Kofferraum). Meine dicke Exped-Matte ist sehr bequem und isoliert gut.
Isolation: Ich besitze gefühlt 8 verschiedene Isolationsmatten. Eine für die Windschutzscheibe, eine auf der Liegefläche neben der Schlafmatte.
Verdunkelung: Und gleichzeitig Sicherheit gab am meisten Arbeit. Einerseits wollte ich, dass nicht jeder, der ins Auto guckt, sieht, dass ich drin schlafe. Andererseits sollte möglichst wenig Licht nach draussen dringen, damit ich nicht auf mich aufmerksam mache. Ich konnte nichts einkaufen gehen. Hatte also keine Saugnäpfe, Gymnastikmatten, Filz oder Supermagnete. Erst klemmte ich ein Stück Badetuch in der Fensterscheibe ein. Zum Glück bin ich beweglich und kann den Stoff mit einer Hand und zwei Füssen in Position halten, währen die zweite Hand die Fensterscheibe hochfahren lässt (stellt euch das bitte bildlich vor!). Mit Holzspiesschen in Plastiktrinkhalmen fixierte ich den Sichtschutz unten im Fenstergummi.
Schien mir aber etwas umständlich. Und es sollte die ganze Nacht regnen – ich wollte nocht dass sich der Frottee vollsaugt. Nach einem Versuch mit zusätzlich Kabelbinderlaschen und Vorhangklemmen, änderte ich die Strategie. Ich spannte von Handgriff zu Handgriff bis in den Kofferraum Paracord. Mit einer Vorrichtung zum Nachspannen. Und befestigte mit Wäscheklammern den Stoff vor den Rückfenstern. Hinter die Vordersitzen kam eine Art Schlafsackdecke an den Paracord – Sichtschutz und Wärmedämmung zugleich.
Am Ende hatte ich eine gemütliche, vollverdunkelte Schlafhöhle. Auf der Ablage vor der Heckscheibe lagen als Dämmung zwei Kissen und mein neuer, schwedischer High-Tech-Wintermantel mit 10‘000er Wassersäule. Vom Haken beim Handgriff baumelte der Autoschlüssel und eine LED-Lampe.
Olaf und Babytiger vom Kleinen kamen mit
Ich parkierte das Auto im nebligen Nirgendwo, zwanzig Meter von einem Wohnmobil entfernt auf einem Waldparkplatz. Dann machte ich einen kurzen Spaziergang. Im Nichts. Dunkelheit, Nebel. Unglaublich ruhig. Bis ein Licht im Wald auftauchte und ein Frauchen ziemlich erfolglos versuchte ihren kläffenden Hund von mir weg zu beordern.
Nacht und Nebel hat einen Riesenvorteil: Man muss sich keinen Busch zum Pinkeln suchen. Besonders nicht, wenn es die ganze Nacht regnen soll. Gut, wenn die Wohnmobil- Nachbarn leider genau dann aus ihrer Tür treten… 🤷♀️
Die Wärme war zu beginn etwas problematisch: ich verschmachtete und musste mich erst langsam dem kühler werdenden Auto anpassen.
Um Mitternacht musste ich wieder mal (Antihormone 🙄) und es goss in Strömen. Laut Wetterradar mussten ich und meine Blase noch zwei Stunden ausharren. Wäre ich ein Mann, wärs wohl einfacher gewesen, trocken zu bleiben beim Wasserlassen. 🙈 Um 01:00 erwachte ich wieder: Stille! Schnell schlüpfte ich in meine Barfussschuhe, kletterte aus dem Auto und spurtete zur Baumgruppe. Als ich erleichtert wieder in den Schlafsack kroch, tröpfelte es bereits wieder aufs Autodach.
Um 05:24 schaute ich aufs Handy und dachte, die Nacht ist dann wohl bald vorbei. Um halb neun wachte ich erneut auf und wusste erst gar nicht, wo ich bin. Halb neun? So lange hatte ich nicht mal zu Hause geschlafen!
Ich zog die Thermowäsche aus, meine Kleider (=mein Kopfkissen) an. Dann verwandelte ich meine Schlafkabine in ein Auto zurück. Fror augenblicklich, als ich vor dem Auto im eisigen Wind stand. Und entschied mich für ein Frühstück zu Hause.
Fazit: Es gibt kein schlechtes Wetter zum Campen. Nur ein schlechtes Wetter zum Pinkeln. 🙂🙃
Schon erstaunlich. Vor einem Jahr diskutierten wir, ob ich wohl eine IV-Rente brauche und nicht mehr wirklich zurück in meinen Beruf kann. Ein Jahr später bin ich auf dem Pensum vor der Erkrankung und spiele an sechs Abenden hintereinander vor Publikum. Dazu die Arbeit, die Kinder. Natürlich war ich nach dem ersten Aufführungsblock k.o., denn meistens kann ich nach einer Aufführung nicht gleich einschlafen, sondern liege so bis 02:00 Uhr wach. Und wenn ich dann am nächsten Tag um 07:30 Uhr vor der Klasse stehe und am Abend nochmals auf der Bühne… also länger wäre das nicht gegangen. Auch wenn es an jedem Abend Standing Ovations und dementsprechend Energie gab, so merkte ich nach dem Aufführungsblock meine Fatigue wieder. Und dennoch konnte ich Arbeiten gehen. Ist das nicht wunderbar?
Nach ein paar Tagen Pause – die mein Kleiner zu Hause verbracht hat, da seine Klasse in Quarantäne geschickt wurde (10 positive Schüler, zwei positive Lehrer, mehrere positive Eltern – alle Erwachsenen Impfdurchbrüche), folgte dann ein Gastspiel in einer anderen Stadt. Auch das hiess wieder: Mittwochmorgen arbeiten, abends Generalprobe, Donnerstag arbeiten bis 15:00 Uhr, zwei Stunden später Soundcheck in einer anderen Stadt, dann Aufführung, Freitagmorgen arbeiten, Freitagabend Aufführung. Und jede Bühne ist anders und verändert das Stück ein wenig. Jedes Publikum ist anders. Ich liebe es so, auf der Bühne zu stehen! Tja und dann hatte ich eine Woche lang eine ganz simple Erkältung. Die erste seit drei Jahren. Wen wunderts, nach soviel Programm.
Und damit es mir nicht langweilig wurde, hatte ich den ersten Coronafall in der Klasse. Eine Woche später, an einem Sonntag, den zweiten. Am Dienstag den dritten, am Mittwoch den vierten. Am Donnerstag mussten alle Schüler und Lehrpersonen zum Spucktest antreten. Am Freitag kamen die Resultate: noch zwei Schüler. Wir beschlossen in Eigenregie, die Klasse auf Fernunterricht umzustellen. Am Samstag kam der offizielle Bescheid, dass die Klasse in Quarantäne geht. Das bescherte mir am Samstag vier Stunden einen Nebenjob als Aussenposten des Bundesamtes für Gesundheit und am Sonntag zwei Stunden. Ich meine, ist ja prinzipiell eine gute Idee, dass die auf ihrer Homepage auch Infos in einfacherer Sprache anbieten, nur sollte man die nicht mühsam erst mit einem gut versteckten Link aufrufen müssen. Kein Wunder, musste ich aufklären, übersetzen beruhigen. (Siehe mein anderer Blog).
Wer meint, Online-Unterricht sei easy, hat keine Ahnung. Am Mittwoch hatte ich 15 Stunden mehr gearbeitet und mein Wochenpensum eigentlich schon überschritten. Gut, ich unterrichte auch die Schwächeren – äquivalent zur Hauptschule. Aber da ich in weiser Voraussicht seit Sommer im Medien- und Informatik-Unterricht nichts anderes gemacht habe, als mit ihnen die Handhabung von Teams, Word, Klassennotizbuch und Mail zu üben, sind sie wohl fitter als alle anderen Schüler und einige Lehrpersonen an meiner Schule. Trotzdem war es unglaublich anstrengend! Mein Tinnitus sagte auch noch hallo. Den war ich doch schon lange los… Gut, ich gebe zu. Ich war auch feiern am Samstag. Da ich ja ein inkarniertes 3G (genesen, geimpft und getestet) war, dachte ich, das liegt drin. Nur 03:00 Uhr Morgens ist halt auch arg früh in meinem Alter… Nun bin ich k.o.
Die Schulen gehen heute schon zu. Eigentlich hätten wir noch Unterricht bis am 23.12. Aber da hier grad die grosse Durchseuchung läuft – 90 Klassen in Quarantäne alleine in meinem Kanton – beschloss der Kantonsrat, die Schüler früher nach Hause zu schicken. Je nach Schule hat man Glück oder Pech. Ich habe Pech, meine Schule ist der Meinung, wir müssten die Schüler die nächste Woche noch online beschulen. Laut Medienmitteilung müssen die Schulen ein Betreuungsangebot anbieten und Material zur Verfügung stellen. Da hat wer in der Schulleitung was falsch verstanden. Well. Wir sind ja grad so gut drin. Und ist ja sowieso Jahresarbeitszeit. Aber erstmal: Wochenende!